Für ein "globales Britannien" – Chef der britischen Marine beschwört Rückkehr zu alter Größe
Vor wenigen Tagen war es so weit: Am 22. Mai brach der Milliarden britische Pfund teure Flugzeugträger "HMS Queen Elizabeth" gemeinsam mit sechs weiteren Schiffen der Royal Navy, einem Zerstörer der US-Marine und einer niederländischen Fregatte zu seiner siebenmonatigen Jungfernfahrt auf. Dabei wird es auch nach Ostasien gehen.
Insgesamt neun Schiffe, 32 Flugzeuge und 3.700 Besatzungsmitglieder stachen zum ersten Einsatz der sogenannten U.K. Carrier Strike Group in See. Bei dieser Gelegenheit gab sich auch die britische Queen die Ehre.
Laut The Times handelt es sich dabei um die "größte Konzentration von See- und Luftstreitkräften, die das Vereinigte Königreich seit einer Generation verlassen" habe.
Wie der britische Premierminister Boris Johnson zuvor erklärte, gehe es keinesfalls darum, auf Konfrontationskurs zu China zu gehen, oder um eine Machtdemonstration. Es gehe vielmehr darum, Flagge für das internationale Seerecht zu zeigen.
"Eines der Dinge, die wir natürlich tun werden, ist, unseren Freunden in China zu zeigen, dass wir an das internationale Seerecht glauben."
Es gehe auch darum, ein Zeichen für die viel zitierten westlichen Werte zu setzen, darunter Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die "Freiheit" des Handels.
Wenige Tage zuvor, am 19. Mai, hielt der Chef der britischen Marine Tony Radakin eine Rede auf der diesjährigen Sea Power Conference des britischen Verteidigungsministeriums und skizzierte die Visionen und Pläne der britischen Marine in einer sich rasant verändernden Welt (die Rede wurde am Donnerstag veröffentlicht). Radakin zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass die britische Marine die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft meistern werde. Dazu trage auch bei, dass die britische Regierung die Notwendigkeit erhöhter Rüstungsausgaben erkannt habe.
A great video demonstrating how versatile the @RoyalNavy’s latest ships are. Ready to work with partners and allies across the globe. https://t.co/qJP5typFrp
— First Sea Lord (@AdmTonyRadakin) May 26, 2021
Der Admiral verweist dabei auf eine Aussage des britischen Premierministers Johnson, die dieser Mitte November 2020 tätigte. Im Zuge der Präsentation eines Plans zur Erhöhung der Militärausgaben erklärte Johnson:
"Die Ära der Kürzung unseres Verteidigungshaushalts muss enden, und zwar jetzt."
Die zukünftige "nationale Sicherheit" Großbritanniens hänge von Entscheidungen ab, die es heute zu treffen gelte. "Die internationale Situation ist heute gefährlicher und wettbewerbsintensiver als zu jedem anderen Zeitpunkt seit dem Kalten Krieg", so der britische Premier.
Radakin verweist zudem auf Aussagen des britischen Außenministers Dominic Raab. Dieser habe auf dem Deck des Patrouillenschiffs "HMS Tamar" zu Protokoll gegeben, dass das "statische Konzept von Krieg und Frieden" überholt sei, da Großbritannien regelmäßig "auf beiden Seiten der Schwelle bewaffneter Konflikte herausgefordert" werde.
Die britischen Streitkräfte müssten nun verstärkt in die Lage versetzt werden, aktiv die "russischen Aktivitäten in Europa abzuschrecken". Zudem gelte es, "den Terror im Nahen Osten und in der Sahelzone zu bekämpfen und den chinesischen Aktivitäten im asiatisch-pazifischen Raum entgegenzuwirken", zitiert Admiral Radakin den britischen Außenminister.
Das Thema "Verteidigung" sei nun ins Zentrum gerückt, wenn es darum gehe, sich den gegenwärtigen und zukünftigen geopolitischen Realitäten zu stellen, doziert der Admiral der britischen Marine weiter.
"Unsere Regierung hat einen zwingenden Bedarf an modernisierten, relevanten und kampferprobten Streitkräften signalisiert."
Radakin bezieht sich in seinen Ausführungen u.a. auf das sogenannte Integrated Review (IR). Bei diesem handelt es sich um eine von der britischen Regierung in Auftrag gegebene Überprüfung der Außen-, Verteidigungs-, Sicherheits- und internationalen Entwicklungspolitik. Die Mitte März veröffentlichte Studie bezeichnete Premierminister Johnson als "die größte Überprüfung ihrer Art seit dem Kalten Krieg". Das sogenannte Defence Command Paper schließt an diese an und zieht entsprechende Schlüsse für die "Verteidigung" Großbritanniens.
Wie Radakin anmerkt, habe das IR im Kern nicht nur die Vision des Premierministers für ein "globales Großbritannien widergespiegelt, sondern auch ein maritimes Wiederaufleben und eine sehr willkommene Renaissance des britischen Schiffbaus zum Ausdruck gebracht". Für den Admiral ist das fast "zu schön, um wahr zu sein".
"Das IR kehrt zu einer Welt zurück, die durch die Linse der klassischen Geopolitik gesehen wird."
Als "maritime Demokratie" werde Großbritannien in Zukunft wieder in der Lage sein, seine "unverwechselbare Rolle als eine nach außen gerichtete, frei handelnde maritime Nation zu nutzen", lautet die Analyse des "First Sea Lord" der britischen Marine. Alles diene dem Zweck, gemeinsam mit den Verbündeten und Partnern Londons "Aggressionen" abzuwehren und die eigenen "Interessen" auch in Zukunft verteidigen zu können.
Das IR spiegele auch "die britische Art der Kriegsführung" wider. Diese bestehe vor allem darin, "so mutig wie Löwen und so schlau wie Füchse zu sein".
"Vor allem spricht das IR das Schlüsselthema unserer Zeit an: die Wahrscheinlichkeit des strategischen Wettbewerbs mit großen Staaten und die Möglichkeit der Konfrontation und des Konflikts mit ebenbürtigen und mehr als ebenbürtigen Gegnern."
Die Möglichkeit von Konflikten zwischen Staaten sei "mit voller Wucht" zurückgekehrt. Daher sei es nur zu begrüßen, so Radakin weiter, dass nun in einem "bemerkenswerten Maß" militärisch auch in die Bereiche Cyberspace und Weltraum investiert wird. Das IR führt in diesem Zusammenhang etwa die Gründung einer britischen "Space Force" auf.
Von 2015 bis 2030 werde die Tonnage (Bruttoraumzahl) der britischen Marine um 50 Prozent zulegen, verkündet der Offizier nicht ohne Begeisterung.
"Allein in diesem Jahrzehnt werden bis zu acht Klassen von Schiffen und U-Booten gebaut. Das sind Investitionsniveaus, die es seit fast fünfzig Jahren nicht mehr gegeben hat.
Die maritimen und "projizierten Kräfte" Großbritanniens seien imstande, weltweit zu einem Zeitpunkt und an einem Ort politischer Wahl zu intervenieren, ohne die Erlaubnis eines anderen Landes einzuholen, wie Radakin zu berichten weiß.
Yesterday evening the #CSG21 deployed from @HMNBPortsmouth.Over the coming months, the Carrier Strike Group will visit over 40 countries, embodying the UK on the world stage and demonstrating #GlobalBritain and the #IntegratedReview in action 🌏🇬🇧🇺🇸🇳🇱 https://t.co/0PtxwbUt61
— Foreign, Commonwealth & Development Office (@FCDOGovUK) May 23, 2021
Dabei nimmt er auch Bezug auf die eingangs erwähnte Carrier Strike Group 21, die jüngst in See stach. Der Einsatz des Flottenverbands verdeutliche die nun wiederauflebenden Ambitionen eines global die eigenen Interessen "verteidigenden" Großbritanniens.
"Über 40 zu besuchende Länder. Über 70 anzulaufende Häfen. Stimulierung von Zusammenarbeit und Handel. Sicherheit. Sicherung der Freiheit der Meere und der weltweiten Reichweite. Testen und Erproben neuer Fähigkeiten und Möglichkeiten. Werte. Allianzen. Freunde. Und gemeinsame Interessen."
Die Carrier Strike Group wird demzufolge mehr als ein Fünftel der Länder der Welt besuchen, darunter Indien, Japan, Südkorea und Singapur. Bei dem militärischen Vorhaben der Superlative handelt es sich laut Radakin um "Multilateralismus auf Steroiden".
Und das Engagement der Briten auf der Welt werde in Zukunft weiter zunehmen. Bis 2023 werde man über eine zweite dauerhafte "Response Group" im Indischen Ozean verfügen. Zudem flössen nun mehr Investitionen in die "nuklearen und Unterwasserfähigkeiten". Ein Bereich, in dem Großbritannien über einen Wettbewerbsvorteil verfüge. Die Herausforderung bestehe demzufolge nun darin, diesen nicht nur beibehalten, sondern auszubauen.
Nicht ohne Stolz verweist der Admiral auf neue Offshore-Patrouillenschiffe der Klasse 2, bei denen es sich um die "grünsten Kriegsschiffe der Flotte" handele. Zudem werde man – um die eigene "Vorwärtspräsenz zu verstärken" –, die im IR in Aussicht gestellten "Weltklasse-Kommandotruppen" in den Mittelpunkt stellen.
"Das IR hat die Future Commando Force gebilligt, ein aufregendes und kühnes neues Konzept, das Truppen mit der Fähigkeit zu Spezialeinsätzen mit modernster Gefechtsfeldtechnologie verbindet."
Laut dem britischen Verteidigungsministerium handelt es sich bei der Future Commando Force (FCF) um eine schnelle Eingreiftruppe, die unmittelbar auf der ganzen Welt für Aufgaben wie Kriegsführung, Kampfeinsätze und humanitäre Aufgaben eingesetzt werden könne.
"Dies könnte auch anhaltende Vorwärtseinsätze [Kampfeinsätze] und Spezialoperationen beinhalten, einschließlich der Unterstützung der britischen Carrier Strike Groups und 'verfeinerter' NATO-Beiträge."
Radakin wartet auch mit einer Überraschung für die Zuhörerschaft auf. So verkündet er im Rahmen seiner Rede die Namen der neuen Fregatten der T-31, INSPIRATION-Klasse. Bei diesen handelt es sich demnach um die HMS Active, die HMS Bulldog, die HMS Campbeltown, die HMS Formidable und die HMS Venturer.
Die neuen Marineschiffe seien repräsentativ für die Zukunftsvision der Royal Navy.
"Die HMS Active steht für den Vorwärtseinsatz von Schiffen der Royal Navy zum Schutz der Werte und Interessen Großbritanniens. Die HMS Bulldog erinnert an unser unerschrockenes Erbe im Nordatlantik."
In seinem Schlusswort beschwört der Chef der britischen Flotte nochmals, worum es ihm zufolge grundsätzliche gehe. So bestehe das täglich Brot der britischen Marine darin, die "Sicherheit des Vereinigten Königreichs und seiner Interessen sowie die Abschreckung aggressiver und abenteuerlustiger Staaten" zu gewährleisten.
Es gelte aber auch, die der Flotte zugedachte Rolle für das Wachstum des eigenen Wohlstands "nach den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie" gewissenhaft zu erfüllen. Radakin resümiert:
"Marinen folgen dem Handel. Und der Handel folgt den Seestreitkräften. Regeln sind wichtig. Allianzen sind wichtig. Gemeinsame Werte sind wichtig."
Man werde sich den Wunsch der britischen Regierung zu Herzen nehmen, um eine "globale Marine für ein globales Großbritannien" zu schaffen.
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